Soul of Seoul

Nach der harten Arbeit auf dem Reisfeld (und dem noch härteren Verspeisen von so viel gebratenem Fleisch) hatten wir uns einen Ausflug verdient. Zweimal im Jahr – zum Frühling und Herbst – begeht die gesamte Gemeinschaft einen Ausflug und diesmal führte uns der Weg nach Danyang, laut ChatGPT ist die Stadt für ihre „natürliche Schönheit“ bekannt ist. Ich muss zugeben, dass die grünen Berge, die nur durch einen breiten Fluss durchbrochen werden, den Anblick wert sind. Unser Ausflug blieb glücklicherweise trocken, doch durch die vorherigen Regentage färbte sich der Fluss bräunlich, eigentlich sollte er eine gesundere Farbe haben.



Nach dem Mittagessen machten wir auf einen längeren Spaziergang (wobei den weniger beweglichen Mönchen eine Schiffsfahrt angeboten wurde). Beendet wurde der Tag natürlich wieder mit einer Menge Fleisch, wobei der erste Gang aus Rinder-Sashimi bestand. Ungewöhnlich, aber nach ein paar Stücken gewöhnt man sich an das rohe Fleisch.

Ein wenig Arbeit steht natürlich auch auf meinem Tagesplan. Die Gesangsbücher sind inzwischen repariert, wobei ich die Lesezeichen anleimen durfte. So viele Bücher hatte ich schon in Händen und nun weiß ich auch wie ihr Innenleben aussieht.

Doch kommen wir wieder zu einem Ausflug. Da die beiden Mönche – Bruder Bonaventura und Wolfgang – über das Wochenende nach Seoul fahren wollten, nahmen sie mich kurzerhand mit. Waegwan besitzt auch in der Hauptstadt ein Grundstück, so kamen wir dort unter. Allerdings blieben wir nicht zu dritt. Wer auf der Klosterzeit-Seite etwas nach unten scrollt, wird dort Simon finden, den ich bereits in Einsiedeln kennenlernen durfte und da er eine Asienreise absolviert, besuchte er kurzerhand Korea. Die Klosterzeit verbindet!

Doch noch ein paar Worte zu dem Klostergelände. In Richtung Hauptstraße befindet sich nicht nur ein großes Bürogebäude, das vermietet wird und große Gebäude für Mönche und Gäste, daneben liegt auch noch ein üppiger Garten und ein Stück Wiese, dass scheinbar nicht benötigt wird. Und das in der 10-Millionen-Einwohner-Hauptstadt. Wieder einmal komme ich zu dem Schluss: Waegwan hat Geld!



Noch eine Kleinigkeit: die dort lebenden Mönche luden uns zum gemeinsamen Frühstück ein. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich ein Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwich gegessen. Eine Offenbarung! Bei jedem Biss hörte ich Engel singen, damit hat die Menschheit ihren kulinarischen Höhepunkt erreicht!

In der Nähe des Klostergebäudes befindet sich die Hyehwa-dong Catholic Church, eine beliebte Kirche in der sich auch Fenster aus der klostereigenen Glasmanufaktur in Waegwan befinden.

Nach einem kurzen Besuch des katholischen Seminars, folgten wir diversen verkleideten Koreanern in den Changdeokgung-Palast, einem alten Königspalast. Als König, Soldat oder Prinzessin verkleidet, lassen sich dort viele Besucher vor der historischen Stätte ablichten und da für Verkleidete der Eintritt frei ist, bietet ihr häufiger Anblick uns modern gekleideten Besuchern eine modische Zeitreise. Auffällig ist dabei die starke Ähnlichkeit zum Baustil der buddhistischen Tempel, die ich bisher besuchen konnte. Scheinbar findet sich dieser in ganz Asien und wurde allgemein von den Vermögenden genutzt.

Unser Mittagessen führte uns in das Woo Lae Oak, einem traditionellen und sehr beliebten koreanischen Restaurant. 10 Minuten vor Ladenöffnung befanden sich gut 70 Menschen vor uns (wir mussten eine Nummer ziehen), sodass wir erst gemütlich Kaffee trinken waren, bevor wir die Naengmyeon (traditionelle nordkoreanische kalte Buchweizennudeln) essen konnten. Das Gericht fand ich ganz gut, auch wenn es für eine kühle Sommerspeise sicherlich der falsche Zeitpunkt war.

In einer Einkaufspassage fanden wir einen Automaten mit roten Kugeln, deren Inhalt unsere Zukunft verraten soll. Bei dieser hochwissenschaftlichen Analyse musste ich mein Geburtsjahr aus dem chinesischen Tierkreis auswählen (das Jahr des Hasen), sowie meinen Geburtsmonat. Mir wurde prophezeit, dass ich Reichtum und Ruhm erlangen werde, mein Name wird überall bekannt sein. Na dann mache ich mir keine Sorgen mehr.

Da uns das 11.000 Kilometer entfernte Weiße Haus zu weit entfernt war, begnügten wir uns mit dem Blauen Haus, dem ehemaligen Präsidentensitz. 2022 wurde der offizielle Sitz verlegt und das Gelände der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Alles schön formell und mit traditionellen Elementen wirken die Innenräume dennoch sehr steril. Aber ein heimeliger Staatsbau lässt sich wohl kaum vorstellen, da bleibt eigentlich nur noch monumental übrig.




Und mit diesen Worten beschreibe ich die Aussicht über Seoul. Ein Meer an Lichtern, über jeden Horizont hinaus, erstrahlt die Stadt, die wir von einem der höchsten Punkte sehen konnten, dem Seoul Tower. Die Bilder sprechen für sich, doch muss ich leider sagen, dass die Scheiben in der Nacht leider merklich spiegeln und den Innenraum des Turmes zeigen. Vielleicht besuche ich den Turm nochmal bei Tag.



Der Tag endete mit Chicken und Bier und Bier und Bier – war ich froh, dass der Gottesdienst erst gegen 10:30 Uhr begann. Mit dem Zug ging es zurück nach Waegwan und nun sind meine letzten beiden Wochen angebrochen. Ein weiterer Ausflug ist erstmal nicht geplant, aber bei der Klosterzeit weiß man ja nie wo es einen hin verschlägt.

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