Abschied I

Zurück in der Heimat. So fühlte es sich an, als ich die Einsiedler Klostermauern wieder betrat. Die bekannten Gesichter wiedersehen, das großartige Essen kosten bei aufsteigendem Weinduft aus dem Keller, meine große Liebe – die Klosterkatze Heidi – streicheln, die Abschlusswoche war durchsetzt von familiären Gefühlen.

Der geregelte Gebetsalltag, ein wenig Arbeit und eine kleine Abschlussfeier ließen die Woche im Flug vergehen. Nun sitze ich zu Hause, ohne mich auf ein nächstes Kloster vorzubereiten, die Klosterzeit ist vorbei.



Na, hat sich’s gelohnt?

Wie ich den Mönchen in Einsiedeln bereits sagte: die Klosterzeit war die beste Entscheidung meines Lebens. Bevor ich diesen Abschlussbericht begonnen habe, überflog ich nochmals meine zwei ersten Blogeinträge, in denen ich über meine Gründe berichte, dieses Jahr auf mich zu nehmen. Ich kann mich an die damalige Zeit erinnern, aber ich kann mich selbst nicht mehr erkennen. Dieses Jahr hat mich verändert, wie ich es kaum für möglich gehalten habe, ich bin ein neuer Mensch geworden.

 

Warum ausgerechnet in einem Kloster leben?

Es gibt wohl nur zwei Gründe die Klosterzeit zu beginnen. Entweder möchte ein junger Mann prüfen, ob ihm das Klosterleben zusagt, oder aber er ist auf der Suche nach etwas. Sicherlich geht letzteres an vielen Orten, doch halte ich ein benediktinisches Kloster für einen der besten. Die immer gleichen Tage zwangen mich, in mich selbst zu gehen. Wenn die äußeren Einflüsse immerzu gleich sind, wird ersichtlich, dass mein (Lebens-) Glück von meinem Inneren abhängt. Wenn ein Tag voller Vergnügen ist und der nächste voll Leid, hängt dies zwingend mit meiner inneren Einstellung zusammen. Und nun gilt es auf die Suche zu gehen. Welche Gedanken beeinflussen mich, welche tauchen immer wieder auf, welche nur, wenn ich erschöpft bin?

Meine erste Erkenntnis war ziemlich banal. Mein Körper hat Einfluss auf mein geistiges Wohlbefinden. Als ich für Pater Thomas Wikipedia-Artikel schrieb, verzichtete ich auf das Frühstück, um ein paar Minuten länger schlafen zu können. Als ich anfing die Gartenbänke zu schleifen, wurde meine Laune zum Mittag hin zunehmend übler, erst das Mittagessen und der Kaffee schienen zu helfen. Ich war schlicht und ergreifend hungrig. Und so bin ich auch überzeugt davon, dass mir das koreanische Essen (und Klima) die meiste Energie spenden konnte. Um 5 Uhr aufzustehen schien mir dort viel einfacher als wieder um 6:30 Uhr in der Schweiz.

Doch ist Nahrung auch nicht das Allheilmittel. Wer meine Einträge schon länger verfolgt, wird von meinem unsicheren Wesen gelesen haben. Auch gab es noch andere Probleme, die ich hier nicht nennen muss. Durch die tagtägliche Konfrontation mit meinen Dämonen wurden mir diese bewusster und ich konnte dagegen vorgehen.

 

War ein Jahr dazu nötig?

Ja, zumindest für mich. Selbst in Korea gab es noch schlechte Momente, nach sechs Monate Einsiedeln war ich bei weitem noch nicht an dem Punkt an dem ich jetzt bin. Anfangs hatte ich diesbezüglich noch leichte Zweifel, heute bereue ich keinen einzigen Tag.

 

Waren die verschiedenen Länder sinnvoll?

Mein ursprünglicher Plan ging auf. Die Schweiz als kulturell bekannter Einstieg in das Mönchsleben und danach sechs Abenteuer-Monate. Ich fand die Abwechslung sehr bereichernd. Nicht nur um Israel und Korea zu erleben, auch um mich auf das neue Umfeld einzulassen. Die neuen Herausforderungen konnten mich ebenfalls stärken. Und natürlich will ich auch die Bekanntschaften in diesen Ländern nicht missen.

 

Hat die Klosterzeit Spaß gemacht?

Eine Seelenreise macht wohl niemals Spaß. „Dichter wissen, dass das Leben ohne den Tod seinen Wert verliert, ohne ihn gibt es keine neuen Lektionen zu lernen, kein Dunkel, aus dem das Glitzern eines Diamanten leuchtend hell hervortritt.“ Es ist kein Vergnügen zu sterben und dennoch muss man den Blick bewusst gen Himmel heben und rufen: „Gib mir den Tod, den ich brauche.“. Wer dazu nicht bereit ist, braucht die Klosterzeit nicht zu beginnen.

Und dennoch habe ich die Zeit sehr genossen. Ich habe gekichert wie ein kleines Kind, als ich auf dem Toten Meer „schwebte“, die feucht-fröhlichen Weinabende bei Pater Jean-Sébastien oder die Kaffeerunden in Korea waren auch voller Vergnügen. Ich könnte Seiten mit den schönen Momenten füllen.

 

Und was hast du gelernt?

Wie bereits gesagt, habe ich etwas gesucht. Und ich habe den Mann in mir gefunden. (Die Mönche haben mich zum Mann gemacht – höhöhö). Aber im Ernst, nach Eisenhans von Robert Bly, den Büchern von Jack Donovan, aber auch den Büchern über das Soldatentum fühlte ich mich zum ersten Mal abseits des rein Biologischem mit meinem Mann-Sein verbunden. Zusammen mit meinem körperlichen Training ließ mich die Klosterzeit innerlich und äußerlich stärker werden. Ich konnte meinen Mut in Israel und Korea beweisen und im Kloster die Bedeutung eines Männerbundes erleben.

Ich habe Selbstsicherheit gefunden und kann in mir selbst ruhen. Ich habe den Willen meine Zukunft zu gestalten und weiß wie diese aussehen soll. Für diesen Wandel bin ich der Klosterzeit ewig dankbar.

 

Und nun, auf in den Kampf!

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