Überraschung, da bin ich.

Diese Woche stand ein Besuch in der Heimat an. „Aber wieso sollte man die schöne Schweiz verlassen, um ausgerechnet nach Deutschland zu reisen?“, höre ich schon den ein oder anderen Leser fragen. Mein Vater feierte seinen 60. Geburtstag und daher war ein Überraschungsbesuch ganz angemessen, sodass ich am Montag die Fahrt auf mich nahm. Pünktlich kam ich in Pforzheim an (sogar die deutschen Züge enttäuschten mich überraschenderweise nicht) und so konnte ich bis Mittwochmittag die Zeit mit meiner Familie verbringen.

Der Besuch war also kein R(h)einfall – haha – es tut mir leid für diesen Scherz…

Doch nach meinem Aufenthalt zog es mich wieder zurück in die Schweiz, oder genauer gesagt zurück in die Klostermauern. Gerade lese ich das Buch Eisenhans von Robert Bly, dass sich anhand des gleichnamigen Märchens mit dem Thema Männlichkeit auseinandersetzt oder genauer gesagt die Wandlung eines Jungen zum Mann.

Ich hatte in diesem Blog bereits ein Interview mit Shia LaBeouf erwähnt. Dort stellt er genau die Frage. Wann wird man zum Mann – wenn man seinen Führerschein erhält, seine erste Arbeit beginnt, im Gefängnis war? Uns scheint allen einzuleuchten, dass dies nicht ausreicht und dennoch fällt es schwer zu sagen, ab wann ein Junge ein Mann ist. Heute gibt es keine Rituale, keine Initiation mehr.

In der profanen Welt gibt es definitiv keine mehr. Mit 18 Jahren gilt man in Deutschland als volljährig, allerdings kann das Jugendstrafrecht bis 21 ausgeweitet werden, da es sich noch um „Heranwachsende“ handelt. Doch ist dieses Zahlenspiel sowieso ohne Belang, wer hält sich am Abend noch für ein Kind und nach dem Öffnen der Augen am nächsten Tag für einen Mann.

Und in der sakralen? Bei der Erstkommunion werden die Kinder in die Gemeinschaft mit Jesus Christus und der Kirche eingeführt, sie stellt ein Hineinwachsen in die Kirche dar. Doch ändert sich durch dieses Ritual irgendetwas? Ändert sich durch die Firmung etwas? Schon allein da die Kinder und Jugendlichen in der profanen Welt weiterhin unfrei sind und bspw. der Schulpflicht unterworfen, können sie nicht selbstbestimmt handeln, erhalten nicht einmal die Möglichkeit dazu.

Also stehen wir da, ohne Vorbilder, ohne Rituale, ohne Sinn. Mir ging es nicht anders.

Aus Scherz sagte ich vor meiner Klosterzeit einmal, dass dieses Jahr mein Ritus sein soll, ohne zu wissen, was genau dies bedeutet. Ich wurde hierhergeführt, weil ich dies gebraucht habe, weil ich mein Mann-Sein nicht respektiert, nicht gelebt habe.

Der Prinz im Märchen arbeitet auf seiner Reise im Garten eines fremden Königs. Bly erklärt diese Passage wie folgt. „Der abgeschlossene Garten deutet also auf Kultivierung statt auf wildes Wachstum, auf Grenzen statt auf unbegrenzte Geselligkeit, auf die Beschäftigung mit der Seele statt mit äußeren Obsessionen, auf Leidenschaft statt triebhafte Sexualität, auf das Entstehen eines Seelenwunsches statt einer unspezifischen materiellen Gier.“ „Sobald er [der junge Mann] den Garten erfahren hat, […] wird man sagen können, dass der junge Mann begonnen hat, seine eigene Seele zu respektieren, gelernt hat zu lieben und gelernt hat zu tanzen.

Die Einsiedler Klostermauern sind mein Gartenzaun.

Nach seiner Gartenarbeit zieht der junge Prinz in den Krieg, vielleicht ist dies meine Israelreise. Aber die Geschichte ist ja metaphorisch, bei mir bestimmt auch…

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