Ein Heiliger auf Reisen
Diese Woche stand ganz im Zeichen des heiligen Meinrads. Der
Geistliche war zwar nicht Gründer des Klosters Einsiedeln, doch ohne diesen
Mann wäre das Stift hier nicht gegründet worden.
Ausgebildet wurde Meinrad in der berühmten Klosterschule auf
der Insel Reichenau und trat dort später in das Benediktinerkloster ein. Sein
Wunsch nach Einsamkeit und Gebet führten ihn schließlich auf den Etzel am
Südufer des Zürichsees.
Dorthin pilgerte auch ich am Freitagmorgen zusammen mit
Pater Daniel und Bruder Klemens. In der dortigen Kapelle feierten wir mit einigen
Erstklässlern die heilige Messe und wanderten nach einer kurzen Stärkung zurück
nach Einsiedeln.
Seine Berühmtheit erhielt der heilige Meinrad allerdings nicht durch sein bloßes Eremitendasein. Ganz im Gegenteil: trotz seiner Sehnsucht besuchten ihn so viele Ratsuchende, dass er sich tiefer in den Finsteren Wald begeben musste und mehr Zeit für Gott zu haben. Dies scheint ein üblicher Topos in der Geschichte der Eremiten zu sein. Sofern sie in Einsamkeit Weisheit erlangt haben, zogen sie Interessenten an. Ein guter Einsiedler ist somit selten allein.
Doch auch der finstere Zufluchtsort konnte die Suchenden
nicht abhalten und so öffnete Meinrad seinen Besuchern gastfreundlich seine
Pforten. Dies tat er auch für zwei Räuber, die ihn „schlugen, bis er gestorben
ist“ (wie Pater Daniel die brutale Ermordung kinderfreundlich umschrieben hat).
Auch wenn Meinrad die Räuber der Legende nach als solche erkannte, gab er ihnen
dennoch Brot und Wein und zeigte somit seine Nächstenliebe, selbst seinen
schlimmsten Feinden.
Die Strafe ließ nicht lange auf sich warten: zwei Raben
verfolgten die Räuber nach Zürich, wo sie für ihre Tat umgehend hingerichtet
wurden. Diese beiden tierischen Rächer prägen daher das Wappen des Ortes und
des Klosters.
Meinrads Leichnam wurde wieder auf die Reichenau gebracht
und dort bestattet. Die Insel besuchte ich am Sonntag, da der Abt dort zum Jubiläum
der Klostergründung vor 1.300 Jahren den dortigen Gottesdienst leiten durfte.
Begleitet wurden wir von dem heiligen Meinrad selbst (oder
zumindest seinem Haupt). Dieses wurde 1984 in ein silbernes Reliquiar gefasst
und ruht seitdem im Hauptaltar der Klosterkirche Einsiedeln.
„Was haben Sie da im Kofferraum“ – „Den Schädel eines
ermordeten Mönches“ – dieses Gespräch blieb uns bei der Grenzüberquerung
glücklicherweise erspart und wir konnten ohne Polizeiaufruhr auf die größte
Insel des Bodensees fahren.
Durch einen glücklichen Zufall konnten wir in Oberzell die
Kirche St. Georg besichtigen und dort unter den sowieso beeindruckenden Wandgemälden
aus dem 10. Jahrhundert ein besonders geschichtsträchtiges Bild entdecken.
Auf dem Wandbild sind zwei sich unterhaltende Frauen zu
sehen. Darunter halten drei Teufel eine Kuhhaut, auf welcher geschrieben steht:
„Ich will hier von den dummen Weibern schreiben; was hier an Blabla die ganze
Woche geredet wird, dessen wird gedacht werden, wenn es einmal vor dem Richter
steht.“ Was die Frauen schwatzen, passt auf keine Kuhhaut – dieses Klischee
scheint sich über die Jahrhunderte gehalten zu haben.
Danach ging die Fahrt weiter in das Münster St. Maria und Markus. Dort feierten wir mit dem ausgestellten Meinradskopf die heilige Messe.
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