There is no tomorrow! There is no tomorrow! There is no tomorrow!


Am 27.11. erreichte ich also das eindrucksvolle Einsiedler Kloster. Der Anblick dieses barocken Baus ist wahrlich eindrucksvoll und auch nach 3 Wochen hat sich dieser Eindruck nicht geändert. Natürlich gibt es auch renovierte, moderne Räumlichkeiten wie mein eigenes Zimmer, aber der Klosteralltag spielt hauptsächlich in edlen, altertümlichen Einrichtungen. Man kann sich den Eindruck nicht verwehren, Teil einer alten Aristokratie zu sein, wenn man durch diese Hallen schreitet.

Trotz dieses Reichtums kommt kein Gefühl der Dekadenz auf, denn der Klosteralltag ist lange… Prinzipiell stehe ich gegen 6:30 Uhr auf und gehe vor 23 Uhr in Bett. Die Stunden dazwischen sind immer gefüllt. Eingehüllt wird der Tagesablauf (für uns Klosterzeitler) von der Laudes (7:15 Uhr) und der Komplet (20 Uhr). Dazwischen findet das Konventamt statt (11:15 Uhr) und der Vesper (16:30). Die Abläufe an Sonn- und Feiertagen unterscheiden sich leicht.

Dazwischen soll natürlich auch gearbeitet werden. Das Kloster verfügt über diverse Betriebe (Kellerei, Gärtnerei, Sägerei, Marstall, …), in welchen wir Klosterzeitler mithelfen können. Ich bin gerade damit beschäftigt, einige Wikipedia-Artikel für das Kloster zu verfassen, wie z.B. zur Stiftsschule.

Während der Freizeit soll natürlich auch das geistige Leben nicht vernachlässigt werden, sodass ich die Zeit oft mit Lesen verbringe. Und auch die Spiritualität, bzw. das private Gebet, sollte gepflegt werden. Dies kann in der Form der lectio divina stattfinden, wobei ich zugeben muss, diesen Aspekt bisher etwas zu vernachlässigen.

Durch die geistige oder körperliche Arbeit fällt es manchmal schwer, sich auf die Gebetszeiten zu konzentrieren. Zu Beginn war alles selbstverständlich neu und ich war hauptsächlich damit beschäftigt die korrekten Seiten im Gesangsbuch zu finden, aber auch nach drei Wochen schweifen meine Gedanken allzu oft ab. Zwar erklärte uns ein Pater in der Einführungswoche, dass im Gebet nichts sinnlos ist und auch ein gedankliches Abschweifen ein Dialog mit Gott sein kann, aber in Zukunft möchte ich mehr auf das Gesagte/Gesungene achten und mich weniger „berieseln“ lassen.

Ansonsten ist der klösterliche Alltag ernst gehalten – verständlich, wenn die Mönche ihren Dienst für Gott verrichten. Das Essen wird meistens schweigend zu sich genommen. In den Gängen der Klausur soll prinzipiell geschwiegen werden.  Doch die Mönche (zumindest hier) sind keine selbstgeißelnde Griesgrame, wie in dem ein oder anderen Hollywood-Streifen dargestellt. Es wird oft gelacht, sich gegenseitig geneckt und am 6. Dezember wird gar das Abendessen von dem Nikolaus und „Schmutzli“ (dem schweizerischen Knecht Ruprecht) unterbrochen.


Zu den Mönchen selbst möchte ich in späteren Beiträgen noch mehr schreiben.

 

Da die Klosterzeit ganz offensichtlich kein entspannter Urlaub ist, nutze ich die Abendstunden auch noch für ein wenig Sport im nächsten Fitnessstudio. Nach der Anstrengung und ein wenig Körperpflege endet mein anstrengender Tag.

Dieser Tagesrhythmus ohne ein Wochenende zum Ausschlafen oder Erholen (wobei wir am Wochenende nicht arbeiten müssen, sodass wir an den beiden Tagen nur an die Gebetszeiten gebunden sind) schafft einen faszinierenden Zustand in welchem die Tage, aber auch Wochen im Nu vergehen. 3 Wochen soll ich schon hier sein und es fühlt sich an wie 3 Tage – ich bin gespannt, ob dieser schnelle Zeitfluss weiterhin bestehen wird.

 

Wie bereits berichtet, ist dieser Ablauf mitunter strapaziös. Regelmäßig muss ich darum kämpfen, im Mittagsgebet (zwischen Konventamt und Mittagessen) wach zu bleiben und auch die nachmittägliche Arbeit ist nicht gerade die produktivste. Der Gang ins Fitnessstudio lässt sich auch nur mit einer strengen Routine einhalten und manchmal quäle ich mich aus dem Bett, um pünktlich zur Laudes zu kommen.

Doch genau so will ich es haben! Disziplin und Hingabe wollte ich lernen und wie kann dies ohne den notwendigen Aufwand erfolgen? Ich lese mehr als früher, ich trainiere mehr als früher und dass trotz weniger Zeit. Ich bin gespannt, wo mich dieser Weg hinführt! Und sollte mich eine vorübergehende Schwäche von einer meiner Aufgaben abhalten, lasse ich mir von Carl Weathers ins Ohr brüllen: „There is no tomorrow!“.

 

Ein Highlight meiner ersten drei Wochen war ein Besuch bei der Kalligrafin Annikki Rigendinger. Pater Jean-Sébastien – der Hauskünstler des Klosters – konnte sich bei ihr im Bereich der Kalligrafie weiterbilden. Die Künstlerin war so freundlich, auch uns zwei Klosterzeitler (Pascal und mich) zum Kaffee einzuladen und zeigte uns einige ihrer Werke. Ich muss zugeben, dass ich die „Kunst des schönen Schreibens“ etwas unterschätzt habe, die Variationen der künstlichen Expression sind umfassender als erwartet und nicht nur auf eine möglichst schwungvolle Schrift beschränkt.

So lerne ich im Kloster neue Dinge, die ich gar nicht erwartet hatte. Wie bereits gesagt, ich bin gespannt, wo mich dieser Weg hinführt.


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