Ein Ab und Auf

 

 Ich begann also meine Arbeit und habe es gehasst. Das lag nicht an der Arbeit, sondern an mir selbst.

Einige negative Faktoren haben auf diese Einstellung hingewirkt. Ich war schon immer ein introvertierter Mensch, aber die letzten Studiensemester habe ich durch die Corona-Maßnahmen zu Hause verbracht und so ziemlich alle sozialen Fähigkeiten verkümmern lassen. Außerdem war ich mit dem deutschen Corona-Umgang nicht gerade einverstanden (gelinde gesagt) und spätestens nachdem ich mich zur Impfung habe „überreden“ lassen – die damalige Bundeskanzlerin hatte angedroht kostenpflichtige Tests für die Bahnfahrten zu verlangen, wozu es nie gekommen ist – war ich ein Wrack.

Die Kollegen waren alle freundlich, aber ich hatte dauerhaft schlechte Laune und war von Person aus nicht gerade redselig, sodass man ihnen die Mühe schnell ansehen konnte auch nur ein Wort aus mir herauszubekommen. Schlussendlich ist man sich in beidseitigem Einverständnis aus dem Weg gegangen.

Auch die Situation mit vielen Freunden war angespannt, es kam fast zu einem Bruch mit meinem ältesten Freund… Keine Sorge, die Beziehung ist besser denn je. Hier kann man uns beide schnieken Jungs auch mal sehen:



Und was hat dies nun mit dem Kloster zu tun, magst Du dich fragen, werter Leser. Dazu komme ich noch, keine Sorge.

Ich war also ziemlich kaputt und das ging viel zu lange so. Doch ich habe weiter meine Bibellektüre fortgesetzt und die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Text hat mich zumindest von meinem Elend abgelenkt. Meine Situation änderte sich, als ich über folgenden Vers im Matthäus-Evangelium gestoßen bin:

Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.

Ich musste kurz innenhalten, da mich diese Worte ansprachen. Ein Leben nicht nur um seiner selbst willen führen, sondern für ein höheres Ideal und wenn es das Leben kostet. Ein Leben in Würde und Hingabe. Ein Leben, das sich durch äußere Hindernisse nicht einfach ändern lässt, sondern weiterhin seinen edlen Zielen folgt, war genau das was mir fehlte.

Während dieser Zeit gab es viele positive Einflüsse. Die Corona-Maßnahmen waren im Sommer gelockert, die Beziehung zu meinen Freunden besserte sich, ich hatte das seltsame Bedürfnis meine Eltern zu beschenken (was mir egomanischem Einzelkind sonst eher selten eingefallen ist) und auch meine berufliche Situation besserte sich. Ich war immer halbwegs fleißig und hatte dadurch keinen Ärger mit meinen Kollegen, aber langsam ging ich auf diese zu und hatte großen Spaß an der gemeinsamen Arbeit. Diese positive Grundhaltung war für den folgenden Schritt sehr wichtig.

Seit Kindheitstagen liebte ich das Kino. Schon lange war mir der Aussteiger-Film „Into the Wild“ ein Begriff, aber gesehen hatte ich ihn noch nicht. Der Film handelt von „Alexander Supertramp“, der nach seinem College-Abschluss mit ärmsten Mitteln durch die USA reist und dabei eine spirituelle Entwicklung erlebt. Seine Geschichte hat mich sehr berührt, aber umherzureisen hat mich nicht begeistert – wahrscheinlich durch bereits zu viele Urlaube mit meinen reisebegeisterten Eltern. Das kam also nicht in Frage.

Aber mir war bewusst, dass mein derzeitiges Glück am seidenen Faden hing. Was wenn die Corona-Maßnahmen wieder härter wurden? Was wenn ich die Erwartungen meiner Vorgesetzten nicht erfüllen kann? Was wenn sich die Beziehung zu manchen Freunden wieder verschlechtert, von ganz anderen Tragödien nicht zu sprechen.

Ich war also kein Wrack mehr, aber vom Leben verunsichert. Der Gedanke ins alte Muster zu verfallen war schwer erträglich.

Nun kommt das Kloster ins Spiel. Auch wenn es unwahrscheinlich klingen mag, werter Leser, aber nachdem ich den Film gesehen hatte, kam mir plötzlich der Gedanke: Was, wenn du in ein Kloster gehst? Vielleicht kam dies durch meine Beschäftigung mit der Bibel, vielleicht reiner Zufall oder doch eine Eingebung, dazu kann ich mich nicht äußern. Ich googelte also und stieß als erstes Ergebnis auf eine Seite namens „Klosterzeit“. Ich schaute mir die Webseite an und fand die Idee interessant, hielt das Ganze aber für eine fixe Idee, die ich morgen sowieso wieder vergessen werde.

Mein Leben ging weiter und bergauf. Doch ein Gedanke ging mir nicht mehr aus dem Kopf: „Klosterzeit“. Nach etwa 6 Monaten musste ich diese Idee aussprechen und zwar gegenüber meinem Freund Marcel (Du erinnern sich vielleicht noch, lieber Leser). Er hatte zwar mit dem Christentum nichts am Hut, aber die Idee fand er gut und so wurde diese Vorstellung für mich zum ersten Mal real. Ich erzählte es weiteren Freunden und schließlich meinen Eltern: ich plane ins Kloster zu gehen. Sechs Monate in die Schweiz um den monastischen Alltag zu verstehen (außerdem ist die Schweiz für einen Deutschen sowieso das Land in dem Milch und Honig fließen) und danach 6 weitere Abenteuermonate in weiter Ferne. Drei davon in Israel (der Bezug zum Christentum sollte klar sein) und weitere drei in einer völlig fremden Kultur, nämlich Südkorea.

Die Länge war für mich selbst manchmal Diskussionspunkt. 3 Monate sind zu kurz, dann wäre ich wahrscheinlich an meinen alten Arbeitsplatz zurückgekehrt und hätte während den Gebeten nur daran gedacht, welche Aufgaben ich in Deutschland wieder zu erledigen habe. 6 Monate wären schon besser, aber ich wollte wirklich gerne die drei genannten Orte besuchen. Und wenn man bei neun Monaten ist, kann man auch ein Jahr daraus machen. Jedes Mal, wenn ich daran zweifelte, dachte ich daran, ob ich eines Tages bereuen würde nicht 3 Monate früher nach Deutschland zurückzukehren – dann waren die Zweifel meist schnell verschwunden.

Also wurde Einsiedeln besucht, zum ersten Mal ein Klosteralltag erlebt und die durchaus anstrengenden Tage konnten mich nicht genug abschrecken um aufzugeben. Kurz später kam der Vertrag und somit stand fest: ich gehe ins Kloster und lerne dort Hingabe, Disziplin und kann mich weitaus tiefer mit dem christlichen Glauben auseinandersetzen als je zuvor.

Eine positive Lebenseinstellung führt auch zu einem positiven Leben. Klingt esoterisch, ist aber wahr. Natürlich kamen Zweifel, aber alles in allem war ich mit der Entscheidung zufrieden, lebte also mit einem Ziel. Alles wandelte sich zum Besseren und bei meiner Verabschiedung flossen sogar meiner Vorgesetzten (übrigens eine ganz bezaubernde junge Frau – auch ein amüsanter Kontrast zu meinem jetzigen Leben), mit der ich zu Beginn kaum ein paar Sätze wechseln konnte, ein paar Tränchen. Das steht wohl sinnbildlich für meine Entwicklung in den letzten zwei Jahren.

 

Werter Leser, Du bist nun am Ende dieses Eintrages angelangt. Ich hoffe ich konnte Dir ein verständliches Bild meiner Person bieten und die Frage von letzter Woche beantworte „Wieso denn bitte ins Kloster“. Ab nächster Woche soll auch endlich der Klosteralltag einmal Thema werden.

Kommentare

Beliebte Posts