Train to Busan

„Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“, ist doch ein sehr negativ konnotierter Spruch. Doch kann man daraus auch eine positive Wahrheit ziehen: man identifiziert sich leichter mit dem, was man bereits kennt. So wird Jesus in den europäischen Kunstwerken als blasshäutiger Mann dargestellt, wie man ihn wohl eher in Island als im Nahen Osten finden würde. Dieses Privileg der kulturellen Vereinnahmung haben natürlich nicht nur die Europäer und so findet sich der Gottessohn in der Ausstellung der Künstlerin Shim Soon-hwa Catherine hier im Kloster als traditioneller Koreaner wieder.

Und nun muss ich zugeben, dass meine Überschrift erlogen ist. Nachdem die jungen Mönche dauernd von Busan geschwärmt haben, wollte ich die Küstenstadt auch besuchen und mir wurde sogar ermöglicht, in den dortigen Klosterräumlichkeiten zu übernachten. Doch da der Abt am Freitag mit dem Bus und einem kleinen Umweg ebenfalls nach Busan fahren wollte, habe ich mich kurzerhand angeschlossen. Meine Anspielung auf den koreanischen Zombiefilm „Train to Busan“ ist also nicht ganz korrekt…

Doch von welchem Umweg ist hier die Rede? Nicht unweit von Busan befinden sich einige Atomkraftwerke. Der Abt sowie einige Nonnen, Priester und Kirchgänger wollten mit ihrer Anwesenheit eine Demonstrantengruppe unterstützen, die seit 10 Jahren gegen die Reaktoren demonstriert.

Diese Mitfahrgelegenheit brachte mich am Abend schließlich nach Busan. Dort besitzt das Kloster ein großes Areal mit Kirche und Gästehäusern, welches von fünf Mönchen betreut wird. Nach einem gemeinsamen Abendessen mit den Reisenden und der Planung meiner nächsten zwei Tage war ich bereit für Südkoreas zweitgrößte Stadt.

Nach dem ersten Ausschlafen seit meiner Ankunft in diesem Land machte ich mich auf den Weg in die Stadt. Die Bewohner hier sind sprachtechnisch besser aufgestellt, sodass ich mir von der Frau am Bahnschalter erklären lassen konnte, wie ich ein Tagesticket kaufen kann – ganz modern per App.

Der erste Tag führt mich auf so manchen Fischmarkt. Aufgrund der Meeresnähe wird der frische Fang teils noch lebendig feilgeboten und man sieht meilenweit nur Fisch und Meeresfrüchte. Ein Oh Dae-Su käme vor allem beim nächsten Bild auf seine Kosten.


Um einen Überblick über die Stadt zu gewinnen, steuerte ich den Yongdusan Park an, um den Busan Tower zu besteigen. Auf 120 Metern sah ich nicht nur die landestypischen Hochhauskomplexe, besonders begeisterte mich der Meerblick.


Der Biff Square (kurz für Busan International Film Festival Square) hat neben allerlei Essensständen auch die Handabdrücke einiger Filmgrößen. Selbst Deutschland ist hier vertreten.


Nach dem vielen koreanischen Essen (ich liebe alles mit Roter-Bohnen-Paste!) wollten meine Geschmacksnerven mal wieder etwas Altbekanntes kosten und auf meinem Weg zum Haeundae Beach betrat ich einen McDonalds. Amüsant ist hier, dass die Kalorienanzahl bei den Nahrungsmitteln genannt wurde. Das sah ich später auch in einem Donutshop. Gar keine schlechte Idee, damit immer konfrontiert zu werden, auch in Busan sah ich quasi keinen dicken Koreaner.

Nachdem ich mit nackten Füßen über den großen Strandabschnitt spaziert bin, besuchte ich das Sea Life Busan. Der Eingang führte zu mehreren unterirdischen Stockwerken, um neben allerlei Fischen auch Pinguine, Otter und Haie auszustellen.





Im naheliegenden Dongbaekseon Park ließ sich bei untergehender Sonne noch eine Meerjungfrau sehen und ich machte mich langsam auf den Rückweg.


Der zweite Tag führte mich zuerst in den Haedong Yonggungsa Tempel (zusammen mit etwa halb Korea, aber ich kann hier wohl schlecht über Touristen schimpfen). Die Menschenmassen ließen nicht gerade ein meditatives Gefühl aufkommen, doch kann das am Wasser gelegenen Kloster seine Besucher dennoch in den Bann ziehen. Und für manchen Besucher war dies sogar ein Ort des Gebetes.




Nun habe ich hier schon ausführlich über den Koreakrieg berichtet und wollte daher den UN-Memorial Cemetery besuchen. Auf dem großflächigen Gebiet ruhen ein paar wenige der gestorbenen Soldaten. Auf den Gedächtnistafeln waren hauptsächlich US-Amerikaner gelistet, aber skurrilerweise auch Soldaten aus Kolumbien oder der Türkei, welche ich auf diesem Schlachtfeld nicht erwartet hätte.


Mein zweiter Tempelbesuch verlief schon sinnlicher. Da kaum Touristen anwesend waren, konnte ich die Räumlichkeiten des Samgwangsa Tempel ungestört betreten. Einem Gebet, bestehend aus Gesang und Trommelspiel, lauschte ich mehrere Minuten. Gerade die Instrumente schufen eine schöne Abwechslung zu der eher einseitigen katholischen Orgel.



Mit weiterem Street-Food bewaffnet, lief ich durch den Busan Children's Grand Park, um mich nach den insgesamt 50 Kilometern in Busan erschöpft und zufrieden auf den Heimweg zu machen.

Und wieder konnte ich den berüchtigten Zug nicht nehmen, da die fünf Mönche am Montag ebenfalls nach Waegwan fahren mussten und ich daher im Auto mitgenommen wurde. Da diese nur sehr wenig Englisch und noch weniger Deutsch sprachen, mussten wir uns wieder mit Händen und Füßen unterhalten, doch schlussendlich kam ich nach meinem Ausflug wieder sicher in Waegwan an.

Ein lohnenswerter Ausflug, auch wenn zwei Tage etwas kurz sind und auch wenn ich nie den „Train to Busan“ nehmen konnte. Doch das mag noch kommen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen werde ich Korea nicht zum letzten Mal besucht haben.

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