Auf nach Daegu

Das Kloster ist wie ausgestorben, die Gänge leer und die Gesänge leise. Die meisten Mönche sind diese Woche auf Exerzitien und somit gilt für uns Übriggebliebene quasi sturmfrei. Bruder Romano sagte mir, ich soll meine eigenen Exerzitien halten, oder anders gesagt: ich habe frei.

Und so nutze ich die Zeit um die aufgeschobenen Pflichten nachzuholen (wie Postkarten zu schreiben), zu trainieren und diese Woche einen kleinen Ausflug zu bestreiten. Nicht weit von Waegwan liegt die 2,4-Millionen-Stadt Daegu und eine Handvoll der jüngeren Mönche studiert im dortigen Seminar. Auf ihre Empfehlung bin ich auf den freien Platz gehüpft und fuhr diesen Mittwoch ebenfalls mit. Während die angehenden Priester fleißig lernten, besuchte ich somit die Stadt.

Angekommen auf dem überraschend großen Gelände musste ich dies zuerst erkunden.


Zu folgender Figur ein klein wenig Geschichtsunterricht. Bereits Jesu Jünger begannen umherzureisen, um die christliche Botschaft zu verbreiten, die Mission war also von Anfang an Teil der katholischen Kirche. Doch die Welt ist groß, so kam Korea erst Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Christentum in Kontakt und dies auch nur durch chinesische Gelehrte. Doch die Schriften machten Eindruck und so ließ sich der dargestellte Yi Seung-hun taufen und betätigte sich als Laienmissionar. Um weitere Bildung zu erhalten, baten die Koreaner selbst um Missionare, wie es bisher kein anders Land getan hat, worauf die hiesigen Christen sehr stolz zu sein scheinen.

Nicht weit vom Seminar entfernt, befindet sich die Gyesan Kathedrale, die von außen eher klein wirkt, aber ein schönes Inneres vorweist. Man fühlt sich in ein europäisches Gotteshaus gesetzt, nur die abgebildeten Heiligen auf den Glasfenstern zeigen den kulturellen Standort.


Gegenüber liegt erhöht die evangelische Jail Kirche. Von außen mächtig und eindrucksvoll, von innen eher weniger… Da war mir die kleine Kathedrale lieber.


Weiter ging es in den Gyeongsam Gamyeong Park, in dem sich Nachbauten der alten Regierungsgebäude finden. Ein bezaubernder Park (man beachte den Regenbogen), der mitten in der häusergefluteten Stadt ein wenig Ruhe ermöglicht.


Da ich meine mitgebrachten Bücher bereits gelesen habe, stand auch ein Besuch im Buchladen auf meinem Plan. Auf drei Stockwerken gab es alles was das Herz begehrt – auch in englischer Sprache – und mir blickten überraschend viele deutsche Gesichter entgegen. Goethe, Schopenhauer und auch von Hesse fand ich etliche Bücher – einen Hermann Hesse Briefbeschwerer konnte ich mir nicht entgehen lassen. Mir war bereits bekannt, dass die Japaner ein Faible für deutsche Kultur haben, aber scheinbar gilt dies auch für Koreaner. Zufrieden und mit schwerem Rucksack zog ich weiter.

Ich bin ein großer Freund des Bargeldes und auf die Gefahr hin, dass meine deutsche Karte nicht überall funktioniert, wollte ich bereits in Waegwan Geld abheben. Da die Frau am Schalter kaum Englisch sprechen konnte, reichte sie mir immer wieder ihr Handy, in das ich hineinsprechen sollte, um meine Worte zu übersetzen. Nach etwas Hin und Her kamen wir zu dem Schluss, dass Waegwan keine internationalen Bankautomaten besitzt, ich kann nur in Daegu Geld abheben. Der daegu’ische Bankangestellte tat sich mit der englischen Sprache ebenfalls schwer, half mir aber dennoch sehr freundlich am Bankautomat, welcher mir schlussendlich Banknoten ausspuckte. Trotz Sprachbarriere sind die Koreaner bisher alle sehr freundlich gewesen.

Dann ging es auf den Weg zurück zum Seminar. Dabei fiel irgendwann auf, dass mir erstaunlich wenige Personen in dieser Großstadt begegneten. Das änderte sich, nachdem ich mich mit den Mönchen zum Mittagessen traf. Die Koreaner waren also alle arbeiten… Um unsere Mägen zu füllen, entschieden wir uns vier für ein japanisches Pork Cotlet – ein paniertes Schweineschnitzel. Das Fleisch war hervorragend und zu allem Überfluss wurde ich von den Herren auch noch eingeladen.

Nach einem Besuch im örtlichen Starbucks, mit kulturell angepasstem Grüner-Tee- Latte-macchiato, fuhren wir mit einem McDonalds Eis zurück zum Kloster.

Und der Narzisst in mir wurde diese Woche auch befriedigt. Nachdem der Abt von seiner Reise zurückgekehrt ist, brachte er mir gleich zwei Grüße von Abt Urban und Abt Nikodemus zurück. Man spricht also in Rom über mich. Ich habe es ganz schön weit gebracht!

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