There is no tomorrow pt. 3
Wer diesen Blog seit inzwischen 40 Wochen verfolgt, wird
mehr als einmal von meinem Geständnis gelesen haben, unsicher und schwach (gewesen?) zu sein.
Zu Beginn meiner Gymnasialzeit war unser Sportlehrer etwas
ruppiger und erlaubte uns eine Form des Ringens. Mit bloßen Fäusten sollten wir
zwar nicht auf uns einschlagen, aber ansonsten mussten wir unseren Gegner
schlicht von der Matte schieben, welche Technik wir auch immer verwenden
wollten. Da die Wachstumsschübe nicht zeitgleich einsetzten, sollte es einen
Bereich für die kleinen Leichten und einen für die großen Schweren geben. Als
zweitgrößter der Gruppe und nicht gerade schmächtiger Junge war mein Platz
eigentlich klar, doch fürchtete ich mich vor der Rabiatheit mancher Jungen und
bat darum, zu den Kleinen zu gehen. Dieses Erlebnis steht sinnbildlich für
meine Entwicklung bis zum 25. Lebensjahr.
Doch wieso schreibe ich dies? Weil die Klostergemeinschaft in Waegwan über ein eigenes Gym verfügt!
Hier ein von ChatGPT generiertes Bild der trainierenden Mönche.
Dieses Bild soll nur eine leichte Überspitzung sein. Die
große Gemeinschaft ist ordentlich fit! Bisher habe ich noch keinen dicken Mönch
kennengelernt und sehe selbst die Älteren regelmäßig trainieren. Um ein
Fallbeispiel zu nennen. Nach dem Abendessen versammelten sich viele zum
gemeinschaftlichen Beisammensein. Ein Mönch, der sich fleißig bei den Keksen
bediente und sich als „hungry man“ vorstellte, stand an diesem Tag um 3 Uhr
morgens auf, um auf den klostereigenen Reisfeldern zu arbeiten. Ob ich ihm im Oktober
helfen könne? Gerne doch war meine Antwort und so packte er meinen Arm, um zu
sehen, ob ich dazu auch in der Lage wäre. Nachdem ich diesen anspannte, war er
zufrieden und forderte mich umgehend zum Armdrücken heraus. Und so wurde ich
von einem über 60-jährigen Mann (wenn auch mit würdigem Widerstand) geschlagen.
Ich liebe es, unter Männern zu sein! Und mehr und mehr verachte ich mein altes,
schwächliches Ich.
Mit seinen allzu klugen Rechtfertigungen hätte er darauf
beharrt, dass er Muskelkraft nicht brauche und mit Worten hätte ich ihn auch
nicht überzeugen können. Der große Samurai Musashi Miyamoto erklärt in seinem
Buch die Kampftechniken seiner Schule, doch bei allen Worten kommt er immer
wieder zum gleichen Schluss: „Du musst trainieren, bis du dies begriffen hast.“
Mehr hätte ich diesem Oliver nicht erklären können und angenommen hätte er es
nicht.
Und so trainiere ich fleißig. Bisher besteht noch kein
fester Trainingsplan, da ich noch abwarte, bis sich ein fester Arbeitsrhythmus
entwickelt hat (dazu nächste Woche mehr). Doch zwei Aspekte sind bereits
erwähnenswert. Da in Israel mein Training sehr beschränkt und gegen Ende nahezu
ausgesetzt wurde, fürchtete ich um meine in Einsiedeln antrainierte Stärke. Die
Sorge war unnötig, da ich nach wenigen Tagen bereits wieder ähnliche Ergebnisse
erzielen konnte wie in der Schweiz. Ebenso bin ich von meiner Energie überrascht.
Wenn ich daran denke, dass ich nun merklich früher als in Jerusalem aufstehen
muss und gleichzeitig Krafttraining betreibe, bin ich den Tag über mit viel
mehr Energie beseelt und springe zu meinem Frühappell regelrecht aus dem Bett.
Sport macht fit, doch habe ich auch die Vermutung, dass die koreanische
Ernährung wirkt. Viel Reis, regelmäßig Fisch und Fleisch, keine überbordenden
Zuckerbomben als Nachtisch, sondern ein kalorienarmer Pfirsich. Ein Traum für
jeden Bodybuilder.
Und so wandere ich von Maschine zu Maschine und recherchiere
nach weiteren Übungen. Der Farmers Walk ist gerade ein Favorit. Man nehme zwei
maximal schwere Hantel, umklammere sie mit ganzer Kraft und laufe langsam durch
den Raum. Die ersten Meter leicht, beginnen schnell die Finger zu schwächeln
und der Unterarm zu brennen. Gerade dieser ist beschämend dünn und verdient
meine Aufmerksamkeit, während sich ebenfalls meine Griffkraft erhöht.
Ob ich nach drei Monaten meinen Endgegner – den hungry man –
besiegen werde? Keine Ahnung, doch der Prozess macht mich stärker und mehr kann
ich mir nicht wünschen. Ein Hoch auf die Muskelkraft!
P.S. Als ich mich für die Klosterzeit interessierte, las ich
ein paar Blogeinträge, um zu erfahren, wie mein Alltag einst aussehen kann. Ein
wenig Mitleid habe ich mit dem armen Burschen, der sich durch meine Seelenwelt
kämpfen muss, um an ein paar spärliche Informationen zu gelangen. Na ja,
vielleicht lernste noch was, Bursche. Und falls Zweifel bestehen: „Du musst
trainieren, bis du dies begriffen hast.“
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