Auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen

Von einem Erlebnis meines ersten Israel-Tages habe ich bisher noch gar nicht berichtet. Nachdem ich die Klagemauer besichtigt hatte, schlenderte ich frei Schnauze durch die Altstadt. Ich bog ich in eine kleine Nische ein und sah drei Soldaten vor mir stehen. Da die Patrouillen regelmäßig zu finden sind, dachte ich mir nicht viel, als der erste fragte, aus welchem Land ich stamme. Nach der Beantwortung erklärte er mir, dass ich nicht weiterdürfe, der Tempelberg sei nur für Muslime bestimmt.

Etwas perplex ging ich zurück ins Kloster und ließ mich von den Mönchen aufklären. Wie der Name bereits ausdrückt, stand auf dem Tempelberg einst der große jüdische Tempel und das Herzstück Jerusalems. Nach Jesu Tod wurde er von römischen Soldaten zerstört und nur noch die Klagemauer erinnert an die ehemalige Größe. Nun sind die Juden wieder in Besitz des Landes und viele tragen auch den Wunsch in sich, den Tempel wieder aufzubauen, doch wählte bereits eine andere Religion den Platz als heiligen Ort aus. Laut islamischer Überlieferung soll Mohammed von dieser Stelle in den Himmel aufgefahren sein, was die dortige al-Aqsa-Moschee zur drittwichtigsten Moschee des Islams macht.

Wieder einmal ein Streitpunkt, der das Zusammenleben den Kulturen erschwert, doch kommen wir zurück zu meiner Geschichte. Der Tempelberg ist vormittags für Touristen zugänglich, die Moschee allerdings nicht. Diese können die Ungläubigen nur mit einem Führer betreten, was ich mit den anderen Volontären diese Woche tat.

Ein muslimischer Führer ermöglichte uns ohne Kontrollen den Zugang und führte uns zuerst zum Felsendom mit seiner weit sichtbaren goldenen Kuppel. Der Bau ist mit goldenen Ornamenten gefüllt und bildet auch einige Pflanzen ab.





Wer sich ab und zu in Kirchen aufhält, dem wird schnell ein Aspekt fehlen: der Mensch. Die Muslime setzen ihr religiöses Bilderverbot rigoros um, sodass sich hiervon keine Abbildungen finden lassen. Diesen wird nur erinnert, so bezieht sich die obige Palme auf eine Begegnung mit Maria.

In der Mitte des Domes befindet sich eine Steinfläche. Der Überlieferung nach ist Mohammed dort in den Himmel aufgefahren. Wenn der Stein so wichtig ist, sollte man vielleicht keine alten Lampen darauflegen, aber das ist wohl Geschmackssache.

Danach ging es weiter in die al-Aqsa-Moschee. Für ihre Bedeutung erschien sie mir etwas schlicht, allerdings wurde diese unter anderem durch Erdbeben öfters zerstört, was den teilweise schlicht-modernen Bau erklären mag.


Der Führer gab auch eine schöne spirituelle Erklärung. Der Stein, die Moschee, alles ist unwichtig und von Menschenhand erbaut. Heilig ist der Ort und dieser bezieht seine Bedeutung aus der Himmelfahrt und nicht durch seine Bauten.

Bevor ich kurz zu dem unschönen Thema der Politik komme, hier noch zwei Katzen – diese müssen sich natürlich auch auf heiligem Boden aufhalten.


Die Führung hat mich kein Geld gekostet und natürlich wurde diese nicht aus reiner Nettigkeit vorgenommen. Neben den religiös-historischen Erklärungen war die Vorstellung eine reine Propagandaveranstaltung. Zum Glück bin ich ziemlich interessiert an Propaganda und ihren Funktionsweisen. Laut Edward Bernays ist Propaganda „eine beständige, dauerhafte Bemühung, Ereignisse zu schaffen oder zu gestalten, um die Beziehungen der Öffentlichkeit zu einem Unternehmen, einer Idee oder einer Gruppe zu beeinflussen.“. Die Muslime sind in Israel in der Minderheit, sie machen etwa 20% der Bevölkerung aus. Meines Wissens sind sie finanziell auch nicht so aufgestellt, dass sie die Oberschicht des Landes ausmachen. Somit blieb unserem Führer natürlich nur die Opferposition. Die meiste Zeit wurde sich darüber beschwert, wie unfair die Israelis die Muslime behandeln und dass die aktuelle Regierung die schlimmste von allen ist. Selbst alle Juden seien mit der Regierung unzufrieden – die Überspitzung war etwas viel.

Die Details sind dabei gar nicht so wichtig, diese Beschwerden sollten nur zwischen der Führung gestreut werden, um ins Unterbewusstsein zu sickern. Eine Kleinigkeit möchte ich erwähnen, die ich spannend fand. Der Tempelberg kann durch 11 Tore betreten werden. Nur der Zugang an der Klagemauer ist Nicht-Muslimen gestattet, dies handelten die Israelis mit den muslimischen Verantwortlichen aus. Nur beschwerte sich der Führer zurecht, dass die Besucher zuerst die jüdische Klagemauer besuchen müssen, um den Tempelberg zu erreichen. Zuerst muss also dem jüdischen Heiligtum Respekt gezollt werden, bevor die Reise weitergehen kann. Beide Seiten kennen ihre Propaganda…

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