Night of the Swimming Dead

„Jeder wach gewordene und wirklich zum Bewusstsein gekommene Mensch geht ja einmal, oder mehrmals diesen schmalen Weg durch die Wüste – den anderen davon reden zu wollen, wäre vergebliche Mühe.“ Und dennoch will ich es versuchen.

Um 2:22 Uhr klingelte nach kurzer Nacht der Wecker. Es wurde gepackt, Sonnencreme auf dem Körper verteilt und nach einem doppelten Espresso mit den anderen Volontären und einem Priester aus Fulda das Mietauto bestiegen. In dunkelster Nacht fuhren wir durch die Wüste, um uns einer alten Festung zu nähern: Masada.

Gegen 4:30 Uhr erreichten wir unser Ziel und stiegen im Mondlicht den Schlangenpfad hinauf. Als ich stark atmend die Spitze erreichte und bereits eine Flasche Wasser gelehrt hatte, war das Wasser fast schon wieder ausgeschwitzt und mein T-Shirt durchnässt. Weiterhin im Dunkeln suchten wir uns einen geschützten Ort und bereiteten in der Dämmerung alles für eine kleine, private Messe vor. Wir hatten zwar auf die Wandlung abgezielt, aber bereits bei dem Halleluja des Evangeliums war die Sonne vollständig zu sehen und bescherte uns einen fabelhaften Ausblick. Nach der Messe genossen wir dieses Ambiente und erkundigten das große Plateau, auf welchem wir uns befanden.


Die natürliche Festung Masada wurde von Herodes dem Großen etwa 15 Jahre vor Geburt Jesu erbaut. Auf der erhöhten Ebene ließ er neben Schutzmauern und Lagerhallen auch ausgeklügelte Zisternensysteme bauen, sowie einem Pool und einem Dampfbad (da wir alle schon genug schwitzen, war uns letzteres ein Rätsel).


Nachdem wir den Ausblick ein letztes Mal genossen, machten wir uns diesmal im Sonnenschein bereit zum Abstieg.

Nach einer weiteren Autofahrt erreichten wir den Ort Ein Gedi und ich konnten einen lang gehegten Kindheitstraum erfüllen. „Man scheint auf dem Wasser des Toten Meeres zu schweben und geht nicht unter“. In jungen Jahren hielt ich dies für eine Werbelüge, was soll das bisschen Salz im Wasser schon ausrichten, aber die Vorstellung auf dem Wasser zu gleiten hat mir gefallen. Und die Geschichten sind wahr! Vor dem Gang ins Wasser wurde ich ausführlich über die empfohlene Handlungsweise aufgeklärt. Nachdem man eine ausreichende Tiefe erreicht hat, sollte man sich mit dem Rücken voran langsam absetzen, um ja kein Salzwasser in die Augen zu bekommen. Doch anstatt abzusinken, fühlt man sich an die Oberfläche gedrückt, als würde der Körper von einer großen Hand emporgehoben. Es ist gar nicht so einfach wieder den Boden zu erreichen. Man muss die Körpermitte zusammenkrümmen und sich nach vorne lehnen, damit die Beine absinken können. Wirklich ein großes Vergnügen! Ich hatte Spaß wie ein kleines Kind die Verhaltensweisen des Wassers zu erkunden.


Nicht alle Besucher waren vorsichtig. Eine Frau machte so umschweifende Kraulbewegungen, dass sie sichtlich leidend von ihrem Partner aus dem Wasser gebracht werden musste. Das Wasser schmeckt nicht nur furchtbar salzig, sondern brennt auch ordentlich in den Augen. Natürlich habe auch ich zu viel herumgeturnt und selbst ein einzelner Tropfen brennt ganz ordentlich.

Vor unserer Rückfahrt mussten wir zur Feier des Tages noch ein weiteres Ziel ansteuern. Der Montag war Namenstag Johannes des Täufers und wie kann man diesem besser gedenken als am Jordan, an welchem seinen namensgebenden Taufen erinnert wird. Die - ganz ehrlich ausgedrückt - Dreckbrühe lädt zwar nicht gerade zum Eintauchen ein, aber zumindest der Anblick auf ein halbes Dutzend Kirchen in der Umgebung war einladend.


Die Rückfahrt dauerte länger als erwartet, da der geschlossene Checkpoint einen langen Stau verursachte. Auch wenn meine Knie bei dem langen Sitzen fast explodierten (es ist nicht immer schön groß zu sein), war dies eine kleine Lehrstunde, was die Palästinenser regelmäßig über sich ergehen lassen müssen. Auffällig war eine Menge am Rand stehender Autos. Auch dieses Phänomen war schnell erklärt. Durch die Hitze stieß entweder das Auto oder der Fahrer an seine Grenzen (auch der Sonnenschein ist nicht immer schön).

Doch der Ausflug war großartig! Irgendwann muss ich diesen Gang in die Wüste wiederholen. Vielleicht nicht unbedingt für 40 Tage, aber dieser kleine Vorgeschmack hat mich überzeugt dies einmal für eine Woche zu erleben.

Bevor man mir noch unterstellen sollte, dass ich nur von Ausflügen berichte und nichts zu arbeiten habe, ein kleines Beweisbild. Mit Johannes sortiere ich gerade die vielen Schallplatten und CDs des Klosters. Seitdem träume ich von Bach, Beethoven und Mozart…

Doch genug der Arbeit. Am Ende der Woche besuchten wir das Gazelle Valley, einem großen Naturpark im Herzen Jerusalems. Wie der Name schon ausdrückt, leben hier etwa 130 Gazellen, die einst durch den Stadtbau eingeschlossen wurden. Nun grasen sie in ihrem eingezäunten Bereich und sind die Menschen so sehr gewöhnt, dass sie sich von den fotografierenden Besuchern kaum stören lassen.

Nach einem kurzen Kaffee im österreichischen Hospiz war ich wieder halbwegs gestärkt für meine erste Priesterweihe.

Auf französischem Boden in der St. Peter in Gallicantu (auch Hahnenschreikirche) wurde eine Aufnahme in den Priesterstand gefeiert. Die Menschengruppe hat die Raumtemperatur noch merklich erhöht und auch mit meinem Schlafmangel musste ich kämpfen, aber dafür war die Kirche ziemlich hübsch anzusehen und es gab im Nachhinein eine breite Essensauwahl. Die Weihe war natürlich auch ganz ansprechend.


Nur eines fehlt mir: die Zeit für meinen abendlichen Sport. Doch manchmal soll es erlaubt sein einfach nur Spaß zu haben. Ab nächster Woche herrscht wieder Disziplin.

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