Ende und Anfang eines Abenteuers

Ich sitze gerade mit einer Tasse Kaffee und ein paar Toffifee am Küchentisch meiner Eltern und schreibe diese Zeilen. Meine erste Etappe ist hiermit abgeschlossen.

Nach fast sechs Monaten in der Schweiz ist am Sonntag der letzte Tag angebrochen und mein Vater fuhr mich mit dem Auto zurück nach Pforzheim. Wie schnell doch die Zeit vergeht! In meinem kleinen Abschiedsbrief an die Gemeinschaft schrieb ich, dass sich mein Aufenthalt eher nach drei Wochen als einem halben Jahr angefühlt hat und das war keine Übertreibung.

Doch ich greife schon zu weit vor, natürlich habe ich in meiner letzten Woche einiges erlebt.

Die Woche begann wie meine allererste in Einsiedeln. Zusammen mit Raphael feierten wir einen Weinabend mit einem Trierer Priester und regelmäßigem Gast in Einsiedeln. Das war mir wieder eine große Freude und glücklicherweise wurden nicht zu viele Flaschen geöffnet, sodass auch der nächste Tag noch erträglich wurde.

Dann reiten sich die „letzten Male“ aneinander. So durfte ich auch zum letzten Mal Stab und Mithra des Abtes halten – beides auf einmal. Kein Problem, sollte man meinen, doch durfte ich die Gegenstände nur mit einer Art Stola berühren und diese natürlich möglichst feierlich der Gemeinde präsentieren. Das macht es dann doch etwas schwieriger, aber ich habe mein Amt würdig erfüllt.

Auch auf der sportlichen Seite durfte ich nicht unverrichteter Dinge gehen und musste mein Wochenprogramm durchziehen. Ganz passend, dass gerade in dieser Woche eine meiner Maschine den Geist aufgab. Mitten in meinem Set riss das Kabel der Hip Abduction Maschine. Mehr als meine Überraschung verursachte der Kabelbruch glücklicherweise nicht, bei anderen Maschinen hätte ich mich stärker verletzten können.

Auch meine Arbeit im Klosterladen endete und so wurde ich neben vielen Dankesworten noch mit einigen Kleinigkeiten beschenkt, so auch ein Buch über das Kloster, sodass ich mich durch die Bilder stets wieder in meine Klosterzeit versetzten kann.

Für den Samstag erhielt ich noch einen Spezialauftrag – erneut durfte ich Chauffeur des Abtes sein. Durch einen ungenauen Eintrag in seinem Kalender musste Abt Urban am gleichen Tag eine Predigt in Saint-Maurice halten, als auch an einer Kirchenmusik-Tagung in St. Gallen teilnehmen. Wer ein Blick auf die Landkarte wirft, erkennt die Orte am jeweils anderen Ende der Schweiz. Da mag die Eidgenossenschaft noch so klein sein, die Autofahrt dauert dennoch über drei Stunden, sofern die Fahrtstrecke frei ist.

So fuhr also Abt Urban gegen fünf Uhr morgens aus St. Gallen los und ich ihm aus Einsiedeln mit der Bahn hinterher. Schon allein die Bahnfahrt war eine Freude. Wie schon oft geschrieben, gibt es scheinbar nur schöne Orte in der Schweiz, aber die Fahrt am Genfersee mit einer Armada an Weinreben war ein ganz besonders schöner Anblick.

Von Saint-Maurice selbst habe ich wenig gesehen. Einen Blick warf ich in die Klosterkirche – übrigens ist in diesem beschaulichen Ort die älteste Abtei des Abendlandes stationiert, die seit der Gründung ununterbrochen existiert – doch danach habe ich für eine leibliche Stärkung gesorgt, da ich gleich wichtiges Frachtgut zu transportieren hatte.

Abt Urban erschien schließlich mit seinem Kia und so durfte ich zum ersten Mal mit einem Automatikauto fahren. Wobei das Wort „fahren“ kaum mehr verwendet werden kann. Tempomat, Spurhalteassistent und Abstandsregler machten auch aus mir einen passiven Beifahrer. Nicht ganz ungefährlich beim ersten Mal. Sollte demnächst ein lauter Schrei durch Einsiedeln hallen, hat Pater Daniel einen Stapel Strafzettel auf seinem Tisch liegen, da ich mich in Trance etwas zu sehr auf das Auto verlassen und wenig auf die Schilder geachtet habe. Vielleicht gar nicht so schlecht, dass dies meine letzte Woche in Einsiedeln war…

In St. Gallen lieferte ich den Abt bei einer Kirche ab (zumindest vermutete ich eine versteckte Kirche hinter den Gerüsten) und fuhr schließlich alleine nach Einsiedeln zurück.

Die viereinhalb Stunden Autofahrt schlauchten dann doch ein wenig und so beging ich meine Abschieds- und Raphaels Geburtstagsfeier (die Anlässe fielen tatsächlich auf den gleichen Tag) etwas schläfrig, aber der Abschied war dennoch ein schöner.

Und schließlich fand ich mich an meinem letzten Tag wieder. Nach einem halben Jahr wandelte ich ein letztes Mal durch die Klausurgänge, in die Kirche und zum Essen. Ein tränenreicher Abschied von meiner großen Klosterliebe – der Katze Heidi – stand auch noch an. Und natürlich von allen Mönchen, die ich genauso vermissen werde.

Doch so ein rechter Abschied soll es noch nicht sein. Die erste Etappe meiner Klosterzeit mag beendet sein, aber am Freitag soll schon die nächste beginnen. Zuerst Israel und dann Südkorea – mein Abenteuer hat erst begonnen.

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